• Wissen
  • /
  • Blog
  • /
  • Videoüberwachung im öffentlichen Raum

Private und staatliche Videoüberwachung im öffentlichen Raum

Kameras lauern heutzutage fast überall und fleissig wird alles überwacht: Verlässt man das eigene Haus, kann man davon ausgehen von einer Kamera aufgezeichnet oder zumindest beobachtet zu werden. Solche Videoaufzeichnungen enthalten in der Regel Personendaten und sind mit einem Grundrechtseingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen verbunden. Warum ist Datenschutz aus Betreibersicht wichtig? Und was ist im öffentlichen Raum rechtlich zulässig? Diesen und weiteren Fragen hat sich die Datenschutzexpertin der EOTEC im Detail angenommen und beantwortet diese im nachfolgenden Blogbeitrag.

Datenschutzverletzungen vermindern die Beweislast und bringen Strafbarkeitsrisiken mit sich

Der Beweiswert der Videodaten hängt von der Datenschutzkonformität ab. Nur eine datenschutzkonforme Videoüberwachung kann dem Betreiber ein Beweismittel liefern, welches vor Gericht oder im polizeilichen Ermittlungsverfahren auch verwertet werden kann (ebenso wichtig ist die richtige Technik inkl. der Qualität der Videodaten). Wird die Videoüberwachung dagegen nicht gesetzeskonform/datenschutzkonform betrieben, können die Videodaten in der Regel nicht verwertet werden (von wenigen Ausnahmen abgesehen). Das heisst, der Betreiber hat eine Videoüberwachung installiert, kann aber die Videodaten mit dem Vorfall nicht „benutzen“.

Ein weiterer Grund - für private Betreiber - ist das persönliche Strafbarkeitsrisiko nach dem revidierten Datenschutzgesetz (mehr dazu in unserem Blogbeitrag zum nDSG).

Was versteht man unter "Öffentlicher Raum"?

Gesetzlich ist der Begriff nicht definiert. Als öffentlicher Raum werden nachfolgend alle (physisch) zugänglichen Orte und Räumlichkeiten verstanden (öffentliche Wege, Strassen, Plätze und Anlagen auf dem Gebiet der Gemeinde, wie Schulhäuser, Verwaltungsgebäude, Parkhäuser, Abfallsammelstellen), die einem öffentlichen Zweck gewidmet sind und von einer unbestimmten Anzahl Personen genutzt werden können (div in: sui generis 2022, S. 55 mwN).

Rechtsrahmen

Den Rechtsrahmen für den zulässigen Betrieb einer Videoüberwachung im öffentlichen Raum bestimmt das im konkreten Einzelfall anwendbare Recht. Jede Videoüberwachung muss als Einzelfall betrachtet werden.

Grundsätzlich gilt, dass die Videoüberwachung öffentlicher Räume zur allgemeinen Verhütung und Ahndung von Straftaten dem Staat vorbehalten ist. Es ist die Aufgabe des Staates und nicht der „Privaten“ für Gefahrenabwehr und Prävention von Straftaten zu sorgen. Mit „Privaten“ sind sowohl natürliche Personen (Privatpersonen, z.B. Vermieter, Restaurantbesitzer) als auch juristische Personen (z.B. AG, GmbH, Genossenschaften etc.) gemeint. Dabei verfolgt der private Betreiber das Ziel, das eigene Überwachungsobjekt und „dessen Benutzer“ zu schützen (und nicht allgemein die Sicherheit im öffentlichen Raum zu erhöhen) (Müller, 2011, S. 346 mwN).

Ausnahmsweise Videoüberwachung durch Private im öffentlichen Raum?

Das Bundesgesetz zum Datenschutz findet Anwendung, wenn der Betreiber der Videoüberwachungsanlage eine natürliche oder juristische Person (privater Betreiber) oder ein Bundesorgan ist. Ist der Betreiber eine natürliche Person, muss die Videoüberwachung zu kommerziellen (wirtschaftlichen oder betrieblichen) Zwecken eingesetzt werden (und nicht ausschliesslich zum persönlichen Gebracht bestimmt sein). Das ist zum Beispiel der Vermieter, der in seiner vermieteten Liegenschaft eine Videoüberwachung installiert. Er darf bis zur eigenen Grundstücksgrenze - nach Massgaben des nDSG - eine Videoüberwachung betreiben. Möchte er auch die öffentliche Strasse mitfilmen, sind weitere rechtliche Hürden zu prüfen.

Eine allgemeine Bewilligungspflicht für private Betreiber gibt es derzeit nicht. Je nach Kanton muss aber im Einzelfall geprüft werden, ob es sich - bei der konkreten Videoüberwachung im öffentlichen Raum - um einen gesteigerten bzw. bewilligungspflichten Gemeingebrauch des öffentlichen Raums handelt. Dabei unterscheiden die kantonalen Rechtsordnungen und die Praxis meist zwischen schlichtem Gemeingebrauch, gesteigertem Gemeingebrauch und Sondernutzung. Die Begriffe des schlichten Gemeingebrauchs und des gesteigerten Gemeingebrauchs sind kantonalrechtlich bestimmt (BGE 135 I 302 E.3.1). So hat beispielsweise das Kantonsgericht Basel-Landschaft eine streitige Videoüberwachung eines öffentlichen Fusswegs als gesteigerten Gemeingebrauch eingestuft mit der Folge, dass eine Bewilligung notwendig gewesen wäre (Entscheid vom 27.09.2017, 8101772). In der Stadt Zürich gibt es eine Vernehmlassungsvorlage, wonach zukünftig eine private Videoüberwachung im öffentlichen Raum - ab einem Meter Tiefe vom Privatgrund (bzw. Gebäudefassade) - stadtpolizeilich zu bewilligen ist (Beschluss des Stadtrats vom 11. Mai 2022, Nr. 401/2022).

Für die Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes ist der EDÖB (Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte) die zuständige Aufsichtsbehörde. Zu diesem Thema hat EDÖB eine Stellungnahme veröffentlicht (Stand: September 2011). Danach ist es grundsätzlich nicht zulässig, dass private Betreiber Videoüberwachungsanlagen auf öffentlichem Grund betreiben. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in einem sehr engen Rahmen möglich. Solche mitgefilmte Teilausschnitte, die unter die Ausnahmen fallen können, sind z.B. der Eingangsbereich einer Bank. Als Kriterien für die Ausnahme werden genannt: 1) kleiner Teil des öffentlichen Raums, 2) keine alternative Möglichkeit der Zweckerreichung und/oder 3) entsprechende Vereinbarung mit dem zuständigen Gemeinwesen (Polizei, Gemeinde, kantonale Stelle).

Ob eine Ausnahme angenommen werden kann, ist im Einzelfall zu prüfen. Es hat insbesondere eine Verhältnismässigkeitsprüfung eines jeden Bearbeitungsschritts (Beschaffen, Auswerten, Bearbeiten) zu erfolgen. Die Videoüberwachung muss zunächst geeignet, erforderlich und zumutbar sein, um Straftaten zu verhüten und zu ahnden. Erforderlich ist die Videoüberwachung, wenn das Ziel nicht auch ohne Mitüberwachung des öffentlichen Raums erreicht werden kann. Beispielsweise kann die Überwachung eines schmalen, an die Hausfassade angrenzenden Streifens des Gehsteigs zur Verhinderung von Sprayereien an Hausfasse erforderlich sein (Müller, 2011, S. 347). Im Rahmen der Interessensabwägung im Einzelfall sind die betroffenen Interessen und Rechtsgüter gegeneinander abzuwägen. Wenn die Videoüberwachung zum Schutz höherrangiger Rechtsgüter, wie Eigentum und Leib oder Leben unerlässlich ist und eine erhebliche Gefährdung besteht, kann unter Umständen eine Ausnahme angenommen werden. Die erhebliche Gefährdung kann sich aus dem Objekt selbst oder seiner Lage ergeben. Insbesondere geht es um Schutz besonders gefährdeter Objekte wie historische Gebäude, Banken, Schmuckgeschäfte, Objekte der sogenannten kritischen Infrastruktur, Apotheken oder Kunstmuseen.

Staatliche Videoüberwachung durch Gemeinden im öffentlichen Raum

Je nach Kanton und Gemeinde, dem Ort und Überwachungsobjekt, bestehen unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Daher ist jede Videoüberwachung im Einzelfall zu betrachten. Nachfolgend soll auf die Videoüberwachung durch Gemeinden (oder andere öffentliche Organe) eingegangen werden. Nicht Gegenstand des Beitrags ist die polizeiliche Videoüberwachung.

Rechtsgrundlage

Im Bereich der staatlichen Videoüberwachung gilt der Grundsatz, dass jede Videoüberwachung im öffentlichen Raum einer (ausdrücklichen) formell-gesetzlichen Grundlage bedarf, sofern damit Personendaten erfasst werden. In der Regel finden sich Rechtsgrundlagen in der kommunalen Polizeiverordnung und/oder in dem kantonalem Polizeigesetz. Darauf gestützt kann die Gemeinde ggf. ein Reglement für die Videoüberwachung erlassen.

Als Beispiel soll eine Einwohnergemeinde im Kanton BL dienen. Die Anforderungen an die Rechtsgrundlage regelt § 9 Abs. 1 und 2 IDG BL. Dabei wird zwischen Personendaten und besonderen Personendaten unterschieden. Für besondere Personendaten sind die Anforderungen höher. Besondere Personendaten sind Daten, bei deren Bearbeitung eine besondere Gefahr der Grundrechtsverletzung besteht, unter anderem Angaben über biometrische Daten, die eine eindeutige Identifizierung einer natürlichen Person erlauben (§ 3 Abs. 4 IDG BL). Im Kanton BL stellt das (kantonale) Polizeigesetz (§ 45d; SGS 700) sowie § 44 Abs. 2 Bst. b Gemeindegesetz (SGS 180) die formell-gesetzliche Grundlage für die Überwachung öffentlicher Räume durch ein öffentliches Organ dar. Gestützt darauf muss die Gemeinde ein Betriebsreglement „für jede Überwachungsanlage“ mit bestimmten Mindestinhalten (gemäss § 45d Abs. 3 PolG) erlassen. Das Reglement ist also verpflichtend. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Verordnung, die Details des Betriebs regelt (das „Wie“ der Videoüberwachung). Welches Gemeindeorgan dafür zuständig ist, kann grundsätzlich die Gemeinde bestimmen (Gemeindeautonomie). Primär ist der Gemeinderat zuständig. Dabei hat die Gemeinde gewissen Ermessensspielraum über das Betriebskonzept (das „Wie“) zu entscheiden, solange sie sich in dem vom PolG definierten Rahmen hält. So ist z.B. die maximal zulässige Speicherdauer der Videoaufzeichnungen im § 45e Abs. 3 PolG geregelt.

Vorabkonsultation

Eine weitere Frage stellt sich für die Gemeinde (und andere öffentliche Organe nach § 3 Abs. 1 IDG BL) bei der datenschutzrechtlichen Vorabkonsultation nach § 12 IDG BL. Danach hat die Gemeinde der kantonalen Aufsichtsstelle Datenschutz BL frühzeitig zur Vorabkonsultation vorzulegen: a) Rechtsetzungsprojekte, die die Bearbeitung von Personendaten betreffen und b) Vorhaben zur Bearbeitung von Personendaten, die aufgrund der Art der Bearbeitung oder der zu bearbeitenden Daten voraussichtlich zu einem hohen Risiko für die Grundrechte der betroffenen Personen führen. Die Aufsichtsstelle Datenschutz kann Kriterien für Bearbeitungsvorgänge festlegen, die ihr zur Vorabkonsultation zu unterbreiten sind. § 9 IDV BL nennt diese Kriterien (nicht abschliessend): besondere Personendaten, Einsatz neuer Technologien, grosse Anzahl von Personen oder Bearbeitung durch mehrere öffentlichen Organe.

In der Regel verzichtet die Aufsichtsstelle jedoch auf eine Vorabkonsultation einer Videoüberwachung, da die gesetzliche Regelung zusammen mit den zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln (z.B. Musterreglement) den öffentlichen Organen ausreichend klare Vorgaben geben. Bei gewissen Vorhaben kann es indes angezeigt sein, die Aufsichtsstelle zu kontaktieren. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn besonders heikle Bereiche überwacht werden sollten, wie Einrichtungen der Psychiatrie, Suchtberatungsstellen, Stellen der Opferhilfe etc. Ein anderer Grund könnte in der Installation einer sehr komplexen Videoüberwachungsanlage mit zahlreichen Kameras liegen. Im Übrigen wird auf die Webseite der Aufsichtsstelle Datenschutz BL verwiesen.

Fazit

Abschliessend lässt sich festhalten, dass die Videoüberwachung im öffentlichen Raum durch Private im Grundsatz verboten ist. Ausnahmen sind nur im begrenzten Rahmen zulässig; es ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich.

Auf der Gemeindeebene kommt es auf die kantonale Rechtslage vor Ort und das konkret geplante Überwachungsvorhaben an. So müssen namentlich folgende Punkte geprüft werden: Das Überwachungsobjekt und die Gefährdungslage. Ist die geplante Videoüberwachungsanlage geeignet Straftaten zu verhindern oder aufzuklären? Wie sensibel und umfangreich sind die Videodaten? Handelt es sich dabei um besondere Personaldaten? Welche Rechtsgrundlagen sind in der jeweiligen Gemeinde bereits vorhanden und müssen ggf. weitere Rechtserlasse erfolgen, wenn ja, durch welches Organ der Gemeinde (Gemeinderat oder Gemeindeversammlung). Zudem ist die Einhaltung der Bestimmungen des Datenschutzes regelmässig zu überprüfen. Dazu gehört auch die Frage, ob aufgrund veränderter Rahmenbedingungen die rechtlichen Voraussetzungen weggefallen sind.

Sowohl auf der Bundesebene als auch auf der kantonalen Ebene sind die Datenbearbeitungsgrundsätze zu beachten: Angemessene Information vor dem Betreten des überwachten Bereichs, Zweckbindung, Datensparsamkeit und Verhältnismässigkeit. Die Grundrechte der Betroffenen sind im Rahmen einer Interessensabwägung (bei der Verhältnismässigkeit) zu berücksichtigen. Wichtig ist auch für angemessene Datensicherheit zu sorgen und die Videodaten gegen eine missbräuchliche Verwendung zu schützen (z.B. durch ein restriktives Berechtigungskonzept, Audit-Log-Protokollierung von Zugriffen und 4-Augen-Prinzip). Bei der Technik sollte in jedem Fall mit datenschutzfreundlichen Technologien gearbeitet werden. Dies kann Auswirkungen auf die Auswahl der Hersteller sowie Hard- und Software haben.

Datenschutzfreundliche Video-Sicherheit leicht gemacht

Videoüberwachung mit datenschutzfreundlichen Voreinstellungen

Videoüberwachungsanlagen werden heute sehr häufig und in fast jeder Brache eingesetzt. Oft werden dabei nicht nur die Räumlichkeiten oder öffentlichen Plätze aufgenommen, sondern je nach Kamerastandort auch Mitarbeiter, Besucher, Kunden oder Passanten.

Mit über 35 Jahren Erfahrung in diesem Bereich, kennt die EOTEC AG die Rechtsgrundlagen bei der Planung und Installation von Videoüberwachungsanlagen. Ihre zukünftige Videoüberwachungsanlage planen wir so, dass die betroffenen Personendaten datenschutzkonform bearbeitet werden. Wir beraten Sie zu allen technischen Möglichkeiten (Kameraeinstellungen, Verpixelung, Zoom, Autotracking, Schwenkfunktion, Gesichtserkennungsfunktion, Auflösung, Privatzonenmarkierung). Wir analysieren die geplante Datenbearbeitung und unterstützen Sie bei der Entscheidung, welche Technik zur Aufnahme, Übertragung und gegebenenfalls Speicherung und Löschung verwendet werden soll. Mit einem detaillierten Pflichtenheft erarbeiten wir für Sie eine Lösung, welche genau Ihren Bedürfnissen entspricht.

Lesen Sie mehr dazu auf unserer Webseite oder abonnieren Sie unser Newsletter. Unsere Produkte im Bereich Datenschutzberatung finden Sie auf unserer Website.

Melden Sie sich jetzt an zu unserer Schulung über Videosicherheit im Umfeld des neuen Datenschutzgesetzes (nDSG). Weitere Infos und Anmeldung finden Sie hier.