• Wissen
  • /
  • Blog
  • /
  • Rückblick: Fachtagung Video-Sicherheit

Ein Rückblick auf die 11. Fachtagung Video-Sicherheit

Technologien, Innovationen und gesellschaftspolitische Themen bildeten das Tragwerk der Fachtagung Video-Sicherheit, welche im Coop Tagungszentrum in Muttenz durchgeführt wurde. Bereits zum 11. Mal jährte sich die Fachtagung Video-Sicherheit und begrüsste bereits früh am Morgen rund 80 Gäste namhafter Unternehmen aus der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand. Erhalten Sie in diesem Blogbeitrag einen kleinen Einblick in den Tag voller Fachreferate, Networking und Comedy. 

Pünktlich um 08:30 Uhr tauchten am 20. Oktober die ersten Teilnehmenden am Check-In Desk auf. Die hohen Erwartungen an den bevorstehenden Tag und an die Fachreferenten, welche sich aus Vertretern aus Forschung, Entwicklung und Technik zusammensetzten, vermochten die frühe Uhrzeit gekonnt zu kaschieren - denn von Müdigkeit im Gesicht war nirgends eine Spur zu sehen. Entsprechend schnell waren im Foyer erste Gespräche unter den Teilnehmenden, Referenten und Mitarbeitenden der EOTEC im Gange und Visitenkarten wechselten den Besitzer.

Was ist die Softwarelösung der Zukunft?

Den Auftakt zur Fachtagung lieferte Katharina Geutebrück, Geschäftsführerin der gleichnamigen Geutebrück GmbH (D), die sich dem Thema Cloud widmete: Unter anderem ging sie der Frage nach, ob Softwarelösungen von Videoüberwachungen der Zukunft tendenziell in der Cloud, On Premise oder Hybrid sein werden. In den letzten gut 50 Jahren, die sich die Geutebrück mit Videosicherheit beschäftigt, gab es einen enormen technologischen Wandel, der ungebremst weitergeht. Die in sich geschlossenen analogen CCTV-Systeme (Closed Circuit Television) sind durch die Digitalisierung offen und flexibel geworden. Jede Technologieentwicklung bietet immer wieder Chancen, die Aufgabenstellung noch effizienter und effektiver zu lösen. Drei Trendrichtungen, welche Chancen bieten, wurden aufgezeigt: Die Cloud, Künstliche Intelligenz (KI) und mobile Anwendungen.

Das neue Datenschutzgesetz (nDSG)

Im Anschluss entführte Lena Giesbrecht, ehemalig verantwortlich für Datenschutz und Recht bei der EOTEC, die Teilnehmenden in die Welt der Gesetzte und Paragraphen als sie die Hintergründe und Ziele der Revision des Datenschutzgesetzes aufzeigte, welches im September 2023 in Kraft treten und in diesem Zusammenhang diverse Herausforderungen an die Praxis stellen wird - auch vor dem Hintergrund der Anlehnung an die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EO-DSGVO). Ihre Ausführungen enthielten wichtige Hinweise zum nDSG mit einem Fokus auf private Unternehmen ausserhalb der öffentlichen Verwaltung, d.h. CH-Videoüberwachung mit Serverstandort in der Schweiz. Videoüberwachungsanlagen werden heute sehr häufig und in fast jeder Branche, zum Teil unter Verwendung von neuen Technologien und Analysesoftware, eingesetzt. Oft aber werden nicht nur Räumlichkeiten oder Areale erfasst und aufgezeichnet, sondern je nach Kamerastandort auch öffentliche Plätze, Mitarbeiter, Besucher, Kunden oder Passanten. Dabei werden in aller Regel Personendaten im Sinne des Datenschutzgesetztes bearbeitet. Ein gewisses Unbehagen im Saal wurde merklich spürbar, als die Referentin auf das Thema Strafbarkeitsrisiken für Privatpersonen bei Vorsatz zu sprechen kam - bis zu CHF 250'000.- Busse drohen bei vorsätzlichem Verstoss gegen das nDSG, haftbar aus dem privaten Kässeli des verantwortlichen Entscheidungsträgers. Beruhigt wurden die Gemüter schnell, als Frau Giesbrecht auf die To-Do Liste für Betreiber von Videoüberwachungsanlagen zu sprechen kam. Nebst den wichtigsten Neuerungen zum neuen Datenschutzgesetz (nDSG) 2023 wurden auch wichtige Quellen und weiterführende Informationen vorgestellt. Während den Pausen und auch beim Apéro spürte man, dass dieses Thema definitiv nicht auf taube Ohren gestossen ist und die einen oder anderen noch weiterführende Abklärungen treffen werden um den kommenden Änderungen entspannt entgegenblicken zu können.

Videoüberwachung im Detailhandel - Praxisbeispiel beim Möbelriesen IKEA

Videoüberwachung im Detailhandel ist heute nicht mehr wegzudenken. Dies zeigte Giovanni Girone, Country Safety & Security Leader beim Möbelriesen IKEA, anhand zahlreicher Praxisbeispiele, wobei im Detail auf die Wichtigkeit einer präzisen Arbeitsvorbereitung und Planung von komplexen Videoüberwachungsanlagen hingewiesen wurde. Spannend wurde das Referat als auf die Herausforderung des Möbelriesen im Zusammenhang mit der Videoüberwachung eingegangen wurde: Rund 20'000 Quadratmeter Verkaufsfläche mit unübersichtlichen Gängen bieten zwar grenzenlos Nippes und Einrichtungsgegenstände für Kaufwillige, aber auch genügend Frustrationspotenzial für diejenigen Menschen, welche sich im Irrgarten der Möbelanhänger verlaufen und ihren Ärger an unbezahlten Gegenständen rauslassen. Letztere wollen für immer und ewig aus den Läden verbannt und bei Missachtung entsprechend schnell entdeckt werden. "Prävention" ist das Stichwort oder in Fachkreisen auch bekannt unter "Beobachtungsdruck", welche klare Argumente für Videoüberwachungsanlagen darstellen, die im Endeffekt auch Hilfestellung leisten bei der Aufklärung von Straftaten durch Tätererkennung sowie Dokumentation vom Tathergang. Mit einer verstärkten Überwachung an neuralgischen Stellen wurde die Bedeutung einer präzisen Planung durch Girone erneut dem Publikum vor Augen geführt - natürlich durfte das Thema Datenschutz in den Schilderungen des Referenten nicht fehlen; vor allem im Zusammenhang mit der neuen digitalen 4K-Bildqualität gegenüber den alten analogen 4CIF-Auflösungen.

Wildtierobservation aus der Cloud

Nach einem Vormittag mit geballter Information über Technik der Vergangenheit und Zukunft, Gesetzesparagraphen, Algorithmen, genossen die Teilnehmenden ein 3-Gang Menü im Restaurant des Coop Tagungszentrum. Wichtige Telefongespräche mischten sich unter angeregte Gespräche und eilig getippte Mails bis es um 13:00 Uhr in die zweite Halbzeit klingelte. Die charmante Moderatorin Nicole Bircher vermochte die Teilnehmenden rasch aus der bekannten Nachmittags-Lethargie zu entziehen, welche sich nach einem üppigen, aber sehr schmackhaften Essen in der Regel einstellt.

Tierisch spannend, aber auch technisch wurde es im Anschluss bei den Erläuterungen durch Jonas Heimgartner, der seit 2016 bei Grün Stadt Zürich den Fachbereich Informatik leitet - ergänzt wurde er durch Marc Bannier, der als CTO der EOTEC die technische Umsetzung der nicht ganz alltäglichen Ausgangslage verantwortet hat. In der Stadt Zürich brüten jährlich etwa zehn Turmfalken- sowie Wanderfalkenpaare. Diese Tierarten finden sich in der Schweiz auf der "Roten Liste" gefährdeter Tierarten. Grün Stadt Zürich betreibt seit 2004 an verschiedenen Brutplätzen auf dem Stadtgebiet eine Videoüberwachungs-Infrastruktur zur Observation der Turm- und Wanderfalken, die nicht nur wichtige Informationen über das Leben dieser Wildtiere an Fachleute liefert, sondern auch Bildmaterial an die Öffentlichkeit - dies in Form zweier Webcams. 2019 entschied sich Grün Stadt Zürich, die bestehende selbst betriebene Überwachungsanlage im Rahmen des Lifecycles grundlegend zu erneuern. Heimgartner und Bannier konnten klar aufzeigen, welche Vorgehensweise und Technik die Lösung war für diese aussergewöhnliche Art der Wildtierobservation. Vollservice aus der Cloud war der Weg, mit 8 Kameras an 5 Standorten, welche Live-View und Archiv-Lösung für 6 Grün Stadt Zürich Benutzer lieferte, inklusive Streaming für die Öffentlichkeit mit 12h Replay. Gern wären die Teilnehmenden dabei gewesen als von der Installation in luftigen 90 Meter Höhe berichtet wurde ...

5G - Technische Innovationen auf Kosten der Gesundheit

Schnell waren die Teilnehmenden wieder ihrer Aufmerksamkeit entfesselt als Dr. Jürg Leuthold die Bühne betrat - Professor an der ETH Zürich, am Institute of Electromagnetic Fields (IEF). Sein besonderes Augenmerk galt in seinem Referat dem Unterschied zwischen 4G und 5G sowie der Wirkungsweise elektromagnetischer Strahlung im menschlichen Körper, in Verbindung mit der gegenwärtigen Debatte zur Verträglichkeit elektromagnetischer Strahlung. Dr. Leuthold brillierte nicht nur dank seiner Fachexpertise auf diesem Gebiet, sondern auch durch die zahlreichen Veranschaulichungen aus der Praxis, welche die Sinnhaftigkeit von 5G unterstrich: Wozu braucht man einen zuverlässigen Verbindungsaufbau von 1 ms? Wozu braucht man hohe Übertragungsraten von 10 Gbit/s? Übergreifende Zustimmung aus dem Publikum durchzog den Saal als Dr. Leuthold die Relevanz einer stabilen und hohen Übertragungsrate während Operationen am Operationscomputern erklärte. Manch Teilnehmer wusste auch nicht, das 5G ein Paket von Optionen ist, mit welchem man 4G verbessern kann. Während dem rund 45-minütigen Referat vermochte auch der Teil die Teilnehmenden in seinen Bann zu ziehen, wo Einsichten in medizinische Untersuchungen sowie Experimente im Zusammenhang mit der elektromagnetischen Strahlung auf den Körper aufgezeigt wurden. Schlussendlich konnten sich auf Grund der Schilderungen von Dr. Leuthold alle Teilnehmenden eine eigene Meinung bilden zum kontrovers diskutierten Thema, ob elektromagnetische Strahlen eine positive oder negative Wirkung auf den Körper haben.

Videoanalytics - Trends und Technologien

Den Abschluss der Referate bildet Jan Hazlbauer von der FF Group (CZ), der die technisch affinen Teilnehmenden mit seinem Themenschwerpunkt "Kennzeichen- und Fahrzeugerkennung" in seinen Bann zu ziehen vermochte. Seine Präsentation war durchzogen mit zahlreichen Praxisbeispielen, Limiten und Herausforderungen bei Videoanalytics und zeigte unter anderem auch auf, wie man Artificial Intelligence (AI) bei der Kennzeichen- und Fahrzeugerkennung einsetzt. Er beantwortete auch die Frage, weshalb man Video-Server braucht, welche Daten auf der Kamera bleiben und wie die Architektur einer gegenwärtigen videoanalytischen Lösung aussehen soll.  Den Abschluss seines Referates bildete ein Blick in die Zukunft mit Fokus auf Themen wie die Orientierung in der Menge der Daten, Sprache, Navigationssystem sowie Strukturierung und Kapazität.

Eine Videoüberwachung im Badezimmer? Bei Dominik Muheim denkbar ...

Die Zeit für einen Schluss war gekommen oder bessergesagt für einen "Schlusspunkt" - Diesen stellte Dominik Muheim, ein aufstrebender Stern am Himmel der Comedy und Slam Poetry, der nebst diversen Schweizermeister Titeln im U20 Poetry Slam auch die hör- und sichtbare Zustimmung des Publikums gewann. Das Lachmuskel-Training mit einer gelungenen Hommage an die Videoüberwachung bot auch den Übergang zum anschliessenden Apéro im Foyer des Tagungszentrums, wo sich der Grossteil der Teilnehmenden, auch über den offiziellen Teil hinaus, sich in Gespräche vertiefte. Mit dem Dinner "Tour du Monde" fand der Tag seinen kulinarischen Abschluss, mit angeregten Gesprächen und dem eifrigen Austausch letzter Visitenkarten.